Natur und Landschaft

Rheinufer_Taffi_Fotolia_44263109

Natur und Landschaft im Kreis Wesel überraschen sowohl Einwohnerinnen und Einwohner als auch Touristen immer wieder mit ihrer Vielfalt. Dies gilt vor allem für die Gebiete, die durch die Flüsse Rhein, Lippe und Issel beeinflusst und gestaltet wurden. Vor allem der Rhein ist das verbindende Element von Natur und Landschaft im Naturraum „Unterer Niederrhein“.

Das Klima im niederrheinischen Tiefland ist atlantisch geprägt. Es zeichnet sich durch mäßig warme Sommer, relativ milde Winter und eine allgemein hohe Luftfeuchtigkeit aus. Die Niederschlagsmenge beträgt 700 - 800 Liter pro Quadratmeter und Jahr. Typisch ist der häufige und anhaltende Nebel, der vor allem an Rhein, Lippe und Issel auftritt.

Geologisch bedingt ergeben sich fast für das gesamte Kreisgebiet geringe Grundwasser- Flurabstände. Im Tertiär, ein geologisches Zeitalter, das vor 65 Millionen Jahren begann und vor rund 2,6 Millionen Jahren endete, sank das Gebiet des Niederrheins ein und das Land wurde bis weit in die Kölner Bucht hinein vom Meer überspült. Bei seinen verschiedenen Vorstößen lagerte das Meer nach und nach bis zu 300 Meter dicke Ton- und Sandsedimente ab, so dass sich das Land parallel zur Absenkung wieder erhöhte. Die im Osten des Kreisgebiets bis an die Oberfläche herantretenden Tonvorkommen werden zum Teil noch heute abgebaut. Einige der nicht wieder verfüllten Tongruben, zum Beispiel im heutigen Naturschutzgebiet „Lichtenhagen“ bei Schermbeck, haben sich zu wertvollen Lebensräumen entwickelt. Im weitaus größten Teil des Kreises sind die tertiären von jüngeren eiszeitlichen (quartären) Schichten überlagert.

Vor etwa 2 Millionen Jahren begann das durch einen steten Wechsel von Kalt- und Warmzeiten gekennzeichnete Eiszeitalter. Im Verlauf der verschiedenen Kaltzeiten drangen Eismassen bis weit in das Niederrheingebiet vor. Dabei bildeten sich Kies- und Sandablagerungen, die auch heute noch als Terrassen erkennbar sind. Weitere Eiszeitrelikte sind die durch Eisschollen aufgeschobenen Stauchwälle, wie die Hees bei Xanten und die Binnendünen im Diersfordter Wald bei Wesel.

Die letzten 10.000 Jahre waren vor allem durch häufige Verlagerungen des Rheinstromes geprägt. Ehemalige Rheinverläufe kennzeichnen die „Kendel“ bzw. „Leyen“ genannten schmalen Rinnen, die zusammen mit den dazwischen liegenden flachen Erhebungen („Donken“) für das Landschaftsbild des linken Niederrheins noch heute typisch sind.

Im 18. Jahrhundert wurde der Rhein begradigt und in ein enges Bett gezwängt. Darüber hinaus  wurden fast am gesamten Unteren Niederrhein Hochwasserschutzdeiche angelegt. Dadurch wurde der überwiegende Teil der zuvor rund 4 bis 6 Kilometer breiten Rheinaue, die sich im Laufe vieler Jahrtausende in die Niederterrasse eingegraben hat, vom Rhein abgeschnitten und der Aue damit die notwendige Überschwemmungsdynamik entzogen. Durch diese letzte  künstliche Flussverlagerung wurden auch einige der damaligen Rheinschlingen vom heutigen Flusslauf abgetrennt. Die so entstandenen Altarme sind zum Teil bis heute erhalten geblieben, ebenso wie einige als „Meere“ bezeichnete natürliche Altwässer des Rheins, die wie das „Bislicher Meer“ aufgrund ihrer bedeutenden Tier- und Pflanzenwelt überwiegend als Naturschutzgebiete festgesetzt sind.

Das Beispiel einer noch weitgehend intakten Auenlandschaft mit Altwässern ist das Naturschutzgebiet „Bislicher Insel“ mit dem Xantener Altrhein. Mit der Lippeaue ist ein zweites und letztes Stück naturnaher Auenlandschaft als Naturschutzgebiet festgesetzt und somit langfristig gesichert worden.

Wildgänse_s.h.exclusiv_fotolia_48863638

Einen Teil der früheren Rheinaue nehmen heute die Deichvorlandflächen ein, die allerdings nicht mehr den aus Weiden, Erlen, Eschen, Ulmen, Schwarzpappeln und anderen Arten bestehenden natürlichen Auenwald tragen, sondern als Grünland genutzt werden. Deichvorlandflächen sowie weitere Bereiche der ehemaligen Rheinaue des Kreises Wesel dienen alljährlich als Überwinterungsgebiet für über 80.000 arktische Wildgänse sowie Enten, Schwäne und Säger, Taucher und Bläßrallen.

Kaum geringer ist ihre Bedeutung für durchziehende und rastende Vogelarten und für Brutvögel. Bis zu 40 Vogelarten der „Roten Liste Nordrhein-Westfalen“ brüten hier, darunter so seltene Arten wie Uferschnepfe, Rotschenkel, Wachtelkönig und Rohrweihe. Aufgrund ihrer internationalen Bedeutung als Lebensraum für Wasser- und Watvögel sind große Teile der früheren Rheinaue der Kreise Kleve und Wesel sowie der Stadt Duisburg im Jahr 1983 als Feuchtgebiet „Unterer Niederrhein“ gemäß der Ramsar-Konvention und Anfang 2000 als gleichnamiges Vogelschutzgebiet gemäß der Vogelschutzrichtlinie der EU gemeldet worden.

Laubfrosch_skowron_fotolia_61199381

Eine der letzten intakten Feuchtwiesenlandschaften ist das auf der Hauptterrasse gelegene Naturschutzgebiet „Dingdener Heide“, das vor allem als Überwinterungs-, Durchzugs- und Brutgebiet zahlreicher seltener Vogelarten und als Lebensraum des vom Aussterben bedrohten Laubfrosches wichtig ist.

Weitere Naturschutzgebiete dienen dem Schutz von Heidelandschaften mit typischen Heidepflanzen wie Besenheide, Glockenheide, Sandsegge und Silbergras. Diese Heidelandschaften – zum Beispiel „Loosen Berge“ bei Schermbeck und „Kaninchenberge“ bei Hünxe – sind am Unteren Niederrhein nur noch als Relikte vorhanden.

Im Inneren der Dünenlandschaften aus der letzten Eiszeit haben sich aufgrund stauender Bodenschichten einige Heidemoore und -weiher entwickelt, die seltene Arten beherbergen. Beispiele solcher bedeutenden Heidelandschaften mit eingestreuten Heidemooren sind im nördlich von Wesel gelegenen Naturschutzgebiet „Diersfordter Wald“ und den „Drevenacker Dünen“ unweit des Ortsteils Wesel-Obrighoven zu finden, ferner im „Jägerheidemoor“ des Naturschutzgebietes "Dämmerwald" bei Schermbeck.

niederrhein_helma_spona

Prägend für das Bild der bäuerlichen Kulturlandschaft sind die zahlreichen Kopfbäume und Hecken, aber auch die vielen Obstwiesen und -weiden. Um den Schutz von Natur und Landschaft weiter sicherzustellen und an neue Erfordernisse wie die europäische FFH-Richtlinie anzupassen, wurden kreisweit Landschaftspläne erarbeitet und als Satzung beschlossen. In diesen Planverfahren wurde ein neuer kooperativer Ansatz gewählt, um die Betroffenen, insbesondere die Landwirte, frühzeitig in den Planungsprozess einzubinden.

Im Kreis Wesel gibt es insgesamt über 70 Naturschutzgebiete mit einer Fläche von rund 161 km2, die von der hierzu beauftragten Biologischen Station im Kreis Wesel e. V. betreut werden (Telefon 0281/96252-0).

Kontakt

Fachdienst 60 Naturschutz, Landwirtschaft, Jagd, Fischerei
Büro: Wesel, Reeser Landstraße 31